Zeitungsartikel NW, 30. September 1988 Warburg-Nörde (man).
Wir veröffentlichen den Artikel hier im Wortlaut:
Bei Podiumsdiskussionen in Hardehausen und Haarbrück wurde am Sonntag noch einmal die schwierige Lage des Nährstandes hervorgehoben. Der Strukturwandel, ein beschönigendes Wort für das Ausscheiden vieler Betriebe aus der Produktion dargestellt. Beispielhaft soll zum Erntedank 1988 ein Hof herausgestellt werden, der sich schon seit Jahren in einer – ökologischen – Nische bewegt, der Bioland-Hof Hartmann in Nörde.
Der „Finnenberg-Hof“ existiert seit Herbst 1984 in der „biologischen“ Form. Erwin Hartmann, der im konventionellen Landbau gelernt hat, hat den elterlichen Hof, der über Jahre nicht mehr bewirtschaftet wurde, gleich mit der Zielsetzung übernommen, künftig auf Chemie zu verzichten. Chemische Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel wie auch Kunstdünger sind in den verbindlichen Bioland-Richtlinien strikt untersagt. Wer gegen diese eherne Regel verstößt, wird aus dem Verband geworfen und darf seine Waren nicht mehr unter dem Gütesiegel verkaufen.
Wer sich wie Erwin Hartmann dem Verband anschließt, läuft zunächst als sogenannter Umstellungsbetrieb. Kontrollen gehören zu den Geschäftsbedingungen. auch vor der offiziellen Anerkennung als Bioland-Hof steht eine Überprüfung an, die der Finnenberghof klaglos überstand.Auch die Umstellungszeit, in der oft Lehrgeld gezahlt wird zeigten Erwin Hartmann, daß der Weg für ihn richtig war, daß seine Produktionsweise von den Verbrauchern geschätzt wurde. Hilfreich waren in dieser Zeit Kontakte zu den anderen biologisch wirtschaftenden Betrieben, die sich zu der Regionalgruppe Sint- und Soratfeld zusammengeschlossen haben. Gegenseitige Besuche mit Kontrollcharakter halfen Fehler zu vermeiden. 19 Hektar hat Erwin Hartmann von vornherein biologisch getrimmt, von denen sechs Hektar als Grünland genutzt werden. Hier sollten eigentlich Milchkühe ihr Brot finden, doch durch die Milchkontingentierung im Jahr 1984 wurde dieser Weg verwehrt. Heute nutzen Milchschafe einiges Grün.
Der Hofbesitzer setzte als Konsequenz dieser Entscheidung auf den Gemüseanbau, der ja im Warburger Land Tradition hat. Mittlerweile gehören elf Läden in der Region zu den festen Abnehmern der breit gefächerten Produktpalette. Bohnen, Kohl und Gurken und derlei Gemüse mehr werden direkt vermarktet (auch über feste Abonnements), ein Teil des Getreides geht an einen Großhändler der Biokost-Branche.
Die Bilanz des Hofes in diesem Jahr sieht zufriedenstellend aus. Von 100 Anbausatzen gingen nur zwei im Unkraut unter. Jedoch gab es bei der Vermarktung im Sommer Schwierigkeiten. Zu viele Kulturen hatten ihre Hochzeit, als mögliche Abnehmer Urlaub machten. Die gärterische Bilanz von Frank Dürrschnabel nimmt sich positiv aus: „Keine Schädlinge, keine Krankheiten“, so sein Fazit. Für ihn war wesentlich, daß bereits in der Vorsorge Wesentliches geleistet wurde. So wurde während der Läusezeit in regelmäßigen Abständen ein Brennessel- und Ackerschachtelhalmsud verabreicht, der Schädlinge störte und die Pflanzenkraft stärkte. Der finazielle Ertrag ist in der BioBranche allerdings seit Jahren stagnierend, Preiserhöhungen nicht die Regel. Demgegenüber stehen Kostensteigerungen, so daß das Realeinkommen sinkend ist.
Während viele konventionell wirtschaftende Berufskollegen bei Fortdauer der derzeitigen Agrarpolitik ausscheiden werden, sieht Erwin Hartmann optimistisch in die Zukunft. Zwar hegt er die Befürchtung, daß er wie die Bioland-Kollegen Engemann in Eissen weiterhin auf einer „Insel wirtschaftet“, doch glaubt er an den Ausbau der biologisch orientierten Landwirtschaft, besonders im Gemüsebau. Das Verhalten der Verbraucher bestimmt die Richtung.
Gemüseabonnements als Absatzweg
Biologisch angebaute Produkte an die Verbraucher zu bringen ist für die Betriebe oft mit Schwierigkeiten verbunden. Der Finnenberghof setzt seit einigen Wochen in Marsberg auf sogenannte Gemüseabonnements, bei denen die Kunden für Festbeträge die Produkte der Saison erhalten Vorlieben und Abneigungen werden flexibel berücksichtigt. Frank Dürrschnabel hat dieses Konzept aus dem süddeutschen Raum mit auf den Hof gebracht. Die Resonanz ist stark steigend, so daß die Hofbetreiber sich entschlossen haben, das Experiment ab sofort auch auf das Warburger Land auszudehnen.